Lenz, Schweigeminute

Siegfried Lenz: Schweigeminute. (2008)

»Wir setzen uns mit Tränen nieder«, sang unser Schülerchor zu Beginn der
Gedenkstunde, dann ging Herr Block, unser Direktor, zum bekränzten
Podium.
[…]
»Ja, ich werde teilnehmen.«

Leseprobe (S. 1-11) bei Hoffmann und Campe

Hermann, Dr. Herzfeld

Georg Hermann: Dr. Herzfeld. Die Nacht. (1912)

Eines stand fest: musikalisch war Doktor Alwin Herzfeld nicht.
[…]
Unjung und nicht mehr ganz gesund.

Huch, Der Fall Deruga

Ricarda Huch: Der Fall Deruga. (1917)

»Wer ist der Anwalt, der mit Justizrat Fein hereingekommen ist?« fragte eine Dame im Zuschauerraum ihren Mann, »und warum hat der Angeklagte zwei Anwälte?«
[…]
Ihre Augen wurden feucht, aber sie verbarg das Kleinod schnell in einer Schatulle, wo sie ihre Kostbarkeiten zu verschließen pflegte, um es erst dann wieder hervorzunehmen, wenn ihr Herz ganz still und sicher geworden wäre.

Gorz, Brief an D.

André Gorz: Brief an D. Geschichte einer Liebe. (2006)

Bald wirst Du jetzt zweiundachtzig sein.
[…]
Oft haben wir uns gesagt, dass wir, sollten wir wundersamerweise ein zweites Leben haben, es zusammen verbringen möchten.

Svevo, Zeno Cosini

Italo Svevo: Zeno Cosini. (1923)

Der Arzt, mit dem ich über meine Raucherleidenschaft gesprochen habe, riet mir, ihre Entwicklung darzustellen und diese Arbeit damit zu beginnen:
[…]
Die Erde, zur Nebelform zurückgekehrt, wird durch die Himmel schweifen, erlöst von Parasiten und Krankheiten.

Sebald, Austerlitz

W.G. Sebald: Austerlitz. (2001)

In der zweiten Hälfte der sechziger Jahre bin ich, teilweise zu Studienzwecken, teilweise aus anderen, mir selber nicht recht erfindlichen Gründen, von England aus wiederholt nach Belgien gefahren, manchmal bloß für ein, zwei Tage, manchmal für mehrere Wochen.
[…]
Ich las am Wassergraben der Festung von Breendonk das fünfzehnte Kapitel von Heshel’s Kingdom zu Ende, und machte mich dann auf den Rückweg nach Mechelen, wo ich anlangte, als es Abend wurde.

Arendt, Rahel Varnhagen

Hannah Arendt: Rahel Varnhagen. (1933)

»Welche Geschichte! – Eine aus Ägypten und Palästina Geflüchtete bin ich hier und finde Hilfe, Liebe und Pflege von Euch! …«
[…]
»Aber der Text aus meinem alten beleidigten Herzen wird doch dabei der Ihrige bleiben müssen.«

Kleist, Marquise von O…

Heinrich von Kleist: Die Marquise von O… (1808)

In M…, einer bedeutenden Stadt im oberen Italien, ließ die verwitwete Marquise von O…, eine Dame von vortrefflichem Ruf, und Mutter von mehreren wohlerzogenen Kindern, durch die Zeitungen bekannt machen: dass sie, ohne ihr Wissen, in andre Umstände gekommen sei, dass der Vater zu dem Kinde, das sie gebären würde, sich melden solle; und dass sie, aus Familienrücksichten, entschlossen wäre, ihn zu heiraten.
[…]
Eine ganze Reihe von jungen Russen folgte jetzt noch dem ersten; und da der Graf, in einer glücklichen Stunde, seine Frau einst fragte, warum sie, an jenem fürchterlichen Dritten, da sie auf jeden Lasterhaften gefasst schien, vor ihm, gleich einem Teufel, geflohen wäre, antwortete sie, indem sie ihm um den Hals fiel: er würde ihr damals nicht wie ein Teufel erschienen sein, wenn er ihr nicht, bei seiner ersten Erscheinung, wie ein Engel vorgekommen wäre.

Nabokov, Lolita

Vladimir Nabokov: Lolita. (1955)

Lolita, Licht meines Lebens, Feuer meiner Lenden.
[…]
Und dies ist die einzige Unsterblichkeit, an der du und ich gemeinsam teilhaben dürfen, meine Lolita.